Unsere Kirche
Hochstraße 20
Entstehung und Entwicklung der evangelischen Gemeinde Sonsbeck
Innerhalb des alten Herzogtums Kleve machten sich reformatorische Bestrebungen bereits sehr früh bemerkbar. Das gilt insbesondere auch für das ehemalige Städtchen Sonsbeck. 1548 klagte die herzogliche Kanzlei in Kleve über viel Gebrechs in Sonsbeck. Die Regierung hatte Kenntnis erhalten, dass im Gottesdienst liturgische Neuerungen eingeführt worden waren. Dennoch stieß der ehemalige Pastor Georg Venradt, als er die alte katholische Liturgie gänzlich abzuschaffen suchte, noch 1564 auf heftigen Widerstand der Mehrheit der Gemeindeglieder.
Im Jahr 1586 war die endgültige Trennung bereits vollzogen.
Sonsbeck verfügte seit dieser Zeit über eine verfasste evangelisch-reformierte Gemeinde, die durch ihre gewählten Repräsentanten von nun ab ständig auf der reformierten Klever Synode vertreten war. Gleichwohl, es waren nur Wenige, die sich so entschieden für die neue Konfession ausgesprochen hatten. Etliche davon zählten zur wirtschaftlichen und intellektuellen Oberschicht. Außerdem wurde die Gemeinde durch die auf den benachbarten Adelssitzen Haus Winkel und Holthausen wohnenden Herren von der Heyden, genannt Rynsch, geschützt und ideell und finanziell unterstützt.
Die ständigen Kriege und die damit verbundenen kurzfristigen Wechsel der Obrigkeiten verhinderten eine kontinuierliche Entwicklung und Konsolidierung der kirchlichen Verhältnisse in Sonsbeck.
Prediger der benachbarten Gemeinden halfen, wenn die Gegend frei von marodierenden Soldaten war, durch Predigten und Gebete, sprachen den Bedrängten Trost und Zuspruch zu und sorgten vor allem dafür, dass gemeinsam das Abendmahl gefeiert werden konnte. Aber auch die Gemeinde selbst tat alles, um den Zusammenhalt untereinander zu stärken, wenn der Prediger fehlte. Ein Mann aus ihrer Mitte las sonntags aus der Bibel vor, gemeinsam fand man sich zu Gebet und Gesang zusammen. Ein wichtiges Anliegen war ihnen auch, eine umfassende Armenfürsorge aufzubauen.
Die Verhältnisse begannen sich zugunsten der Reformierten zu ändern, nachdem Brandenburg-Preußen 1609 das Herzogtum Kleve in Besitz genommen hatte, deren Herrscher sich zur reformierten Konfession bekannten.
Eben, weil die junge Gemeinde so mitgliederschwach war, reichten deren Mittel nicht hin, einen Prediger einigermaßen standesgemäß zu unterhalten, einen Lehrer zu bezahlen und gleichzeitig für die Armen zu sorgen. Die Folge war ein sehr häufiger Wechsel von Pfarrern und Lehrern. Sie hatten eine Familie zu ernähren und konnten mit dem, was die Gemeinde ihnen zu bieten hatte, beim besten Willen nicht auskommen. Abgesehen davon, dass die Gemeinde noch keine Kirche hatte, mussten Prediger- und Lehrerwohnungen, ja selbst ein Schulraum angemietet werden.
So bedeutete es eine große Erleichterung für die Gemeinde, als ihr die Regierung gestattete, den großen Ratssaal als Predigtstätte zu nutzen. Später wurde das Dach des Rathauses mit einem bescheidenen Glockentürmchen versehen.
Es war der persönlichen Initiative und dem rastlosen Einsatz des aus der Schweiz stammenden Predigers Johann Jakob Zeller zu danken, dass Sonsbeck eine eigene Kirche erhielt. Er unternahm Kollektenreisen in die Niederlande und in seine Schweizer Heimat und veranlasste den Kurfürsten, Holz und Steine aus dem ruinierten Sonsbecker Schloss für den Kirchbau zur Verfügung zu stellen. Nach fünfjähriger Bauzeit wurde die Kirche 1660 in Anwesenheit des Großen Kurfürsten eingeweiht. Dadurch, dass der reformierten Gemeinde die Einkünfte von drei Vikarien zulasten der katholischen Gemeinde zugesprochen wurden, gelang es jetzt erstmals, eine ausreichende Grundlage für das Predigergehalt zu schaffen.
Dennoch war und blieb Sonsbeck eine arme Gemeinde, die zudem durch den Kirchbau über Jahrzehnte hoch verschuldet war. Prediger, Älteste und Diakone hatten es gemeinsam mit den Gliedern langfristig geschafft, eine eigene Kirche, eine bescheidene, aber wohl funktionierende Armenversorgung neben einer intakten Schule einzurichten, die dem calvinistischen Anspruch gerecht wurde.
Dies alles geschah unter dem Leitspruch der Reformierten:
Gott allein die Ehre.
Im 19. Jhdt. gelingt es der Gemeinde durchgehend eine Schule und mit Lehrpersonal zu unterhalten bis zur Auflösung der konfessionsgebundenen Grundschulen im Jahr 1969.
1904 konnte die Gemeinde das später so benannte Wichernhaus an der Herrenstraße als Pfarrhaus und Gemeindesaal einweihen.
Im Februar 1945 werden der Ort Sonsbeck und auch die Evangelische Kirche durch Bombardierungen der heranziehenden Alliierten schwer beschädigt. Erst 1951 konnte sie zusammen mit der Schule vollständig wiederhergestellt werden.
Die Eingliederung der evangelischen Kriegsvertriebenen aus den ehemaligen Ostgebieten des deutschen Reiches bedeutete auch Auseinandersetzung und Veränderung der Gemeinde bis hin zu Gestaltung der Liturgie und Pfarrstellenbesetzung.
Im Ortsteil Kapellen baute die Gemeinde im Lahr 1968 ein Gemeindezentrum mit Gottesdienstraum als zweite Predigtstätte. Das Gebäude wurde im Jahr 2016 im Rahmen von Umstrukturierung und Konzentration der Kirchengemeinde entwidmet und verkauft.
Die evangelische Kirche an der Hochstr. erfuhr in den Jahren 2015/2016 umfangreiche Sanierungs- und Modernisierungsarbeiten am Dachstuhl und im Innenraum. Im Zuge der Renovierung wurde 2015/2016 wurde auch das brandenburgisch/oranische Wappen wieder mit der heraldisch korrekten Tinktur versehen.
Im Leben der mittlerweile 2150 Gemeindeglieder verteilt auf die Ortsteile Sonsbeck, Labbeck, Hamb, Kapellen und Achterhoek ist immer wieder ein Wandel und die einladende Herausforderung zu Um- und Neugestaltung zu erfahren, die die Gemeinde jeweils neu sich auch auf ihr biblisches Motto besinnen lässt:
„Gott, der Herr, ist Sonne und Schild.“ ( Psalm 84, 12)
Dr. Michael Knieriem
Weiterführende Literatur ( erhältlich im Pfarrbüro):
Dr. Knieriem, Michael (Hg.), Die Presbyterialprotokolle der evangelisch-reformierten Gemeinde Sonsbeck von 1717 bis 1770, Bonn 2008.
Prof. Dr. Wensky Margret, Dr. Rönz Helmut, Rosen Jürgen, Geschichte der Evangelischen Kirchengemeinde Sonsbeck, Vom 16. Jahrhundert bis zur Gegenwart, Sonsbeck 2008.